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Montag, 26. Dezember 2016

Alpenüberquerung Part V: Dolomiten, die Zweite


Willkommen auf dem Mond. Erinnerungsfoto am Sella-Plateau.


Was wir während der ersten vier Teile unserer Alpenüberquerung erlebt haben, erfahrt ihr hier. 

Zwar konnten wir es kaum erwarten, endlich aus dem schrecklichen Rifugio Boé loszukommen (Dass das Frühstück fast noch schlimmer werden würde als das Abendessen hätte man sich ja eigentlich denken können. Aber irgendwie bewahrt man sich ja doch immer noch einen Hauch Optimismus. Ja. Nein. Also nein.) – aber das Sella-Plateau kann ja auch nichts für seine Hüttenwirte und ein paar Erinnerungsfotos mussten wir dann doch noch knipsen. Zumal der Piz Boé nicht nur der Höchste, sondern zugleich auch der letzte „richtige“ Gipfel unserer Tour war. (Ok, ok, danach kamen schon auch noch Berge, aber auf einer dreiwöchigen Alpenüberquerung steigen eben die Ansprüche.) Vorbei an den Touristenmassen, die sich auch an diesem Tag wieder vom Parkplatz den Berg hochschoben ging es dann über ein kleines Schotterfeld hinunter zum Pordojjoch. Und endlich, ENDLICH, nach über eine Woche auf italienischem Boden gab es das, was wir uns schon seit dem ersten Tag in Südtirol erhofft, was aber auf sämtlichen Speisekarten wohl doch der Kaspress- und Speckknödelsuppe zum Opfer gefallen war: Pizza. Mamma Mia!

Gut, dass das mit der Pizza um halb elf morgens vielleicht schwierig werden könnte, hatten wir nicht bedacht. Aber da wir uns mal wieder auf einer zeitlich sehr entspannten Etappe befanden, war das überhaupt kein Problem für uns und wir warteten liebend gerne auf der Terrasse in der Sonne darauf, dass das Restaurant eine Stunde später öffnete. Und obwohl sich am Pordojjoch Tagestouristen und Motorradfahrer die Klinke in die Hand geben, war das eine der besten Pizzen, die wir in letzter Zeit gegessen hatten. (Ok, es mag damit zu tun haben, dass wir seit über zwei Wochen in den Bergen unterwegs waren, tags zuvor schreckliches Essen und in ganz Italien noch keine einzige Pizza bekommen hatten. Aber egal. Diese schmeckte auf jeden Fall wundervoll.)

Kugelrund schlenderten wir dann mittags weiter Richtung Rifugio Viel dal Pan. Hatten wir uns am Anfang der Tour noch gefragt, wie man jemals die Zeiten aus dem Wanderführer schaffen sollte, unterboten wir sie jetzt regelmäßig. Und da der Weg zum Viel dal Pan wirklich mehr einem gemütlichen Spaziergang als einer tatsächlichen Wanderung glich, saßen wir kurze Zeit später schon bei Radler und Eis auf der nächsten Sonnenterrasse.
Falls ihr mal in der Gegend seid ... Ok, wir wiederholen uns. Also fahrt einfach mal hin. Denn das Rifugio Viel dal Pan ist wirklich ein Träumchen. Da es eine private Hütte ist und nicht vom Alpenverein unterhalten wird mit 28 Euro pro Person für eine Übernachtung mit Frühstück zwar etwas teurer als die anderen Hütten – aber sowas von das Geld wert! Es gab traumhaft gemütliche Betten mit richtiger, frischer Bettwäsche (!), ein schönes Bad, in dem man so lange warm duschen konnte, wie man wollte, Aperol Spritz für vier Euro und ein Frühstücksbuffet, das seinesgleichen sucht. Kurzum: Auch wenn ihr wirklich absolut kein Freund von Hütten seid und ein Matratzenlager zu euren Horrorvorstellungen gehört: Hierher könnt selbst ihr fahren.

Blick auf den Lago di Fedaia

Markttag in Alleghe


Mittlerweile näherte sich unsere Tour mit riesigen Schritten dem Ziel und die nächste Etappe führte uns zunächst hinab zum Lago di Fedaia und dann weiter nach Alleghe. Auch an diesem Tag fällten wir nochmal die Entscheidung für den Bus und gegen stundenlanges Grastreten auf Skipisten, das uns letztlich wahrscheinlich sogar einen zusätzlichen Tag gekostet hätte. Vorteil war außerdem, dass wir rechtzeitig zum Markt in Alleghe ankamen und Lebensnotwendiges wie ein Kleid (schließlich hatten wir ja spontan drei Tage Venedig gebucht und mit Wanderklamotten durch Venedig zu laufen wäre, naja, nicht ganz so elegant gewesen) und außerdem den ungefähr fantastischsten frischen Butterkäse der Welt zu kaufen. Nicht fehlen durfte natürlich auch der maximal chaotische Dorfsupermarkt, wo wir uns mit fantastischen Dingen wie Kinder-Biskuit-Schokodingern und Thunfischcreme zum Picknick eindeckten. Nach noch einer wunderbaren Pizza (Man kann ja nie wissen, wann man wieder eine bekommt) ging es dann mit der Seilbahn in die Berge von Alleghe und in zwei gemütlichen Stunden weiter zum Rifugio Tissi, wo wir Maxi wiedertrafen.
Ganz plötzlich und unerwartet bescherten uns diese Hütte und das Felsmassiv drumherum dank traumhaften Alpenglühens einen der schönsten Abende der Tour, den wir picknickend mit Brot, Käse und merkwürdiger italienischer Thunfischcreme auf der Wiese vor dem Haus verbrachten.

Den Touristen entkommt man nicht. Badesee auf dem Weg zum Rifugio Tissi.

Das kann man wirklich nicht verfehlen.

Bester Käse der Welt

Alpenglühen am Abend am Rifugio Tissi


Der nächste Tag kam ein bisschen aus dem Hinterhalt und haute uns fast noch einmal von den Socken. Nach einem gemütlichen Abstieg, bei dem wir nach anderthalb Stunden leider leider schon eine ausgedehnte Pause einlegen mussten (am weltbesten selbstgemachten Johannisbeerkuchen weit und breit geht man ja nicht einfach so vorbei, oder?) wartete dann plötzlich nochmal ein ziemlich gemeiner Anstieg durch den Wald auf uns, der böse Erinnerungen wach rief (Kreuzwiesenalm, ihr erinnert euch ...) und bei dem wir dank der fantastischen (haha) Schilderung im Wanderführer auch nicht die geringste Ahnung hatten, wie lange oder wo entlang er ging. Aber nach so vielen Wandertagen konnte uns natürlich nichts mehr schocken und so standen wir auch am Ende dieses Tages wieder an einer wunderschönen Hütte, dem Rifugio Bruto Carestiatio. Im umgekehrten Verhältnis zur Kitschigkeit, die jeden Tag wuchs, fielen die Aperol Spritz-Preise und wie wir da so im Sonnenuntergang und später unter dem Sternenhimmel saßen und unser orangenes Sekt-Gedöns schlürften, waren wir schon ziemlich ziemlich beglückt.

Auf dem Weg zum Rifugio Bruto Carestatio.

Diesen Johannisbeerkuchen konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Kitsch as Kitsch can abends am Rifugio Bruto Carestiato.
Am nächsten Tag war es dann soweit: Die letzte richtige Etappe. Und da es ja nicht langweilig werden sollte, hatten wir mal wieder ein paar Strecken zusammengelegt. Während also alle anderen nur die Hälfte unserer Route zurücklegen mussten und an der Moschesin-Hütte eine sehr ausgedehnte Mittagspause einlegen konnten, führte unser Weg danach noch weiter. Also theoretisch. Wäre da ein Weg gewesen. War da nämlich nicht. Wir stiefelten also erstmal zu der Hütte, auf der der Rest der Kompanie übernachtete und fragten nach dem Weg. „Ja, der zweigt da vorne ab.“ Aha. Mh. Ja. Wir stiefelten also wieder zurück. Nichts. Nada. Kein Weg. Oder meinen die etwa ...? Ja genau. Da führte ein Weg im 180 Grad-Winkel, also genau parallel zu dem Weg, den wir gekommen waren, zurück. Im Wanderführer hieß das Ganze „Abzweigung“. Fast schon so präzise bezeichnet wie „Schon bald zweigt ein Waldweg ab.“ (Ihr erinnert euch.) Nachdem wir also auch diese hundertste? zweihundertste? Wanderführer-Verwirrung überwunden hatten, lag bald auch der letzte große Anstieg hinter uns und uns trennte nur noch ein Grashang vom Tagesziel, dem Rifugio Pian de Fontana. Ein Schild, dass die Strecke nur für „Escursionisti Esperti“ geeignet sei und die (uns täglich auf die Nase gebundene) Legende, dass es in dem Hang vor Vipern wimmele? Ach, macht uns nichts aus! (Tatsächlich war es ein ganz normaler Grashang mit null Vipern.) Und auf der allerletzten Etappe, am fast letzten Tag, auf der letzten Hütte war es dann doch so weit: Kein warmes Wasser! Wäre ja sonst auch keine richtige Alpenüberquerung gewesen, oder? Das machte aber nichts, denn wir wurden blitzschnell wieder aufgewärmt von dem fantastischen italienischen Essen (und hier ist die Halbpension wirklich wirklich empfehlenswert) und bekamen am nächsten Morgen Kakao zum Frühstück, der schmeckte wie flüssiger Schokopudding. Herz, was willst du mehr?


"Nur für Geübte." Ja ja.


Das Rifugio Pian de Fontana.

Noch ein letzter traumhafter Sonnenuntergang in den Dolomiten.
Nachdem wir uns kaum vom Frühstückstisch losreißen konnten mussten wir uns dann doch ein bisschen beeilen, um den Dolomitenbus an einer entlegenen Landstraße unten im Tal zu erreichen. Und an dieser unscheinbaren Straße, wo ganz plötzlich und unerwartet der Wanderweg endete und die außer dem „Straßengraben“ auch nicht wirklich viele Rastmöglichkeiten bot, hatten wir es dann geschafft. Wir waren da. Im Tal. Am Ende unserer Alpenüberquerung.

Angekommen.


Welcome to Belluno.
Da wir uns ja entschieden hatten, bei unserer ALPEN-Überquerung die Flachlandetappen entlang italienischer Landstraßen auszulassen, legten wir die letzte Strecke bis Belluno mit dem Bus zurück und stiegen dort in den Zug. Und dann war sie da: Die Meeresbrise, die Lagune, VENEZIA!

Ist man eigentlich trotzdem Tourist, wenn man zu Fuß aus Lenggries kommt?

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