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Willkommen auf dem Mond. Erinnerungsfoto am Sella-Plateau. |
Was wir während der ersten vier Teile unserer Alpenüberquerung erlebt haben, erfahrt ihr hier.
Zwar konnten wir es kaum erwarten, endlich aus dem
schrecklichen Rifugio Boé loszukommen (Dass das Frühstück fast noch schlimmer
werden würde als das Abendessen hätte man sich ja eigentlich denken können.
Aber irgendwie bewahrt man sich ja doch immer noch einen Hauch Optimismus. Ja.
Nein. Also nein.) – aber das Sella-Plateau kann ja auch nichts für seine
Hüttenwirte und ein paar Erinnerungsfotos mussten wir dann doch noch knipsen.
Zumal der Piz Boé nicht nur der Höchste, sondern zugleich auch der letzte
„richtige“ Gipfel unserer Tour war. (Ok, ok, danach kamen schon auch noch
Berge, aber auf einer dreiwöchigen Alpenüberquerung steigen eben die
Ansprüche.) Vorbei an den Touristenmassen, die sich auch an diesem Tag wieder
vom Parkplatz den Berg hochschoben ging es dann über ein kleines Schotterfeld
hinunter zum Pordojjoch. Und endlich, ENDLICH, nach über eine Woche auf italienischem Boden gab es das, was wir uns schon seit dem ersten Tag in
Südtirol erhofft, was aber auf sämtlichen Speisekarten wohl doch der Kaspress-
und Speckknödelsuppe zum Opfer gefallen war: Pizza. Mamma Mia!
Gut, dass das mit der Pizza um halb elf morgens vielleicht
schwierig werden könnte, hatten wir nicht bedacht. Aber da wir uns mal wieder
auf einer zeitlich sehr entspannten Etappe befanden, war das überhaupt kein Problem
für uns und wir warteten liebend gerne auf der Terrasse in der Sonne darauf,
dass das Restaurant eine Stunde später öffnete. Und obwohl sich am Pordojjoch
Tagestouristen und Motorradfahrer die Klinke in die Hand geben, war das eine
der besten Pizzen, die wir in letzter Zeit gegessen hatten. (Ok, es mag damit
zu tun haben, dass wir seit über zwei Wochen in den Bergen unterwegs waren,
tags zuvor schreckliches Essen und in ganz Italien noch keine einzige Pizza
bekommen hatten. Aber egal. Diese schmeckte auf jeden Fall wundervoll.)
Kugelrund schlenderten wir dann mittags weiter Richtung
Rifugio Viel dal Pan. Hatten wir uns am Anfang der Tour noch gefragt, wie man
jemals die Zeiten aus dem Wanderführer schaffen sollte, unterboten wir sie
jetzt regelmäßig. Und da der Weg zum Viel dal Pan wirklich mehr einem
gemütlichen Spaziergang als einer tatsächlichen Wanderung glich, saßen wir
kurze Zeit später schon bei Radler und Eis auf der nächsten Sonnenterrasse.
Falls ihr mal in der Gegend seid ... Ok, wir wiederholen
uns. Also fahrt einfach mal hin. Denn das Rifugio Viel dal Pan ist wirklich ein
Träumchen. Da es eine private Hütte ist und nicht vom Alpenverein unterhalten
wird mit 28 Euro pro Person für eine Übernachtung mit Frühstück zwar etwas
teurer als die anderen Hütten – aber sowas von das Geld wert! Es gab traumhaft
gemütliche Betten mit richtiger, frischer Bettwäsche (!), ein schönes Bad, in
dem man so lange warm duschen konnte, wie man wollte, Aperol Spritz für vier
Euro und ein Frühstücksbuffet, das seinesgleichen sucht. Kurzum: Auch wenn ihr
wirklich absolut kein Freund von Hütten seid und ein Matratzenlager zu euren Horrorvorstellungen gehört: Hierher könnt selbst ihr fahren.
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Blick auf den Lago di Fedaia |
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Markttag in Alleghe |
Mittlerweile näherte sich unsere Tour mit riesigen Schritten
dem Ziel und die nächste Etappe führte uns zunächst hinab zum Lago di Fedaia
und dann weiter nach Alleghe. Auch an diesem Tag fällten wir nochmal die
Entscheidung für den Bus und gegen stundenlanges Grastreten auf Skipisten, das
uns letztlich wahrscheinlich sogar einen zusätzlichen Tag gekostet hätte.
Vorteil war außerdem, dass wir rechtzeitig zum Markt in Alleghe ankamen und
Lebensnotwendiges wie ein Kleid (schließlich hatten wir ja spontan drei Tage
Venedig gebucht und mit Wanderklamotten durch Venedig zu laufen wäre, naja,
nicht ganz so elegant gewesen) und außerdem den ungefähr fantastischsten
frischen Butterkäse der Welt zu kaufen. Nicht fehlen durfte natürlich auch der
maximal chaotische Dorfsupermarkt, wo wir uns mit fantastischen Dingen wie
Kinder-Biskuit-Schokodingern und Thunfischcreme zum Picknick eindeckten. Nach
noch einer wunderbaren Pizza (Man kann ja nie wissen, wann man wieder eine
bekommt) ging es dann mit der Seilbahn in die Berge von Alleghe und in zwei
gemütlichen Stunden weiter zum Rifugio Tissi, wo wir Maxi wiedertrafen.
Ganz plötzlich und unerwartet bescherten uns diese Hütte und
das Felsmassiv drumherum dank traumhaften Alpenglühens einen der schönsten Abende der Tour, den wir picknickend mit Brot, Käse und merkwürdiger italienischer
Thunfischcreme auf der Wiese vor dem Haus verbrachten.
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Den Touristen entkommt man nicht. Badesee auf dem Weg zum Rifugio Tissi. |
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Das kann man wirklich nicht verfehlen. |
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Bester Käse der Welt |
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Alpenglühen am Abend am Rifugio Tissi |
Der nächste Tag kam ein bisschen aus dem Hinterhalt und
haute uns fast noch einmal von den Socken. Nach einem gemütlichen Abstieg, bei
dem wir nach anderthalb Stunden leider leider schon eine ausgedehnte Pause
einlegen mussten (am weltbesten selbstgemachten Johannisbeerkuchen weit und
breit geht man ja nicht einfach so vorbei, oder?) wartete dann plötzlich
nochmal ein ziemlich gemeiner Anstieg durch den Wald auf uns, der böse
Erinnerungen wach rief (Kreuzwiesenalm, ihr erinnert euch ...) und bei dem wir
dank der fantastischen (haha) Schilderung im Wanderführer auch nicht die
geringste Ahnung hatten, wie lange oder wo entlang er ging. Aber nach so vielen
Wandertagen konnte uns natürlich nichts mehr schocken und so standen wir auch
am Ende dieses Tages wieder an einer wunderschönen Hütte, dem Rifugio Bruto
Carestiatio. Im umgekehrten Verhältnis zur Kitschigkeit, die jeden Tag wuchs,
fielen die Aperol Spritz-Preise und wie wir da so im Sonnenuntergang und später
unter dem Sternenhimmel saßen und unser orangenes Sekt-Gedöns schlürften, waren
wir schon ziemlich ziemlich beglückt.
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Auf dem Weg zum Rifugio Bruto Carestatio. |
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Diesen Johannisbeerkuchen konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. |
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Kitsch as Kitsch can abends am Rifugio Bruto Carestiato. |
Am nächsten Tag war es dann soweit: Die letzte richtige
Etappe. Und da es ja nicht langweilig werden sollte, hatten wir mal wieder ein
paar Strecken zusammengelegt. Während also alle anderen nur die Hälfte unserer
Route zurücklegen mussten und an der Moschesin-Hütte eine sehr ausgedehnte
Mittagspause einlegen konnten, führte unser Weg danach noch weiter. Also theoretisch.
Wäre da ein Weg gewesen. War da nämlich nicht. Wir stiefelten also erstmal zu
der Hütte, auf der der Rest der Kompanie übernachtete und fragten nach dem Weg.
„Ja, der zweigt da vorne ab.“ Aha. Mh. Ja. Wir stiefelten also wieder zurück.
Nichts. Nada. Kein Weg. Oder meinen die etwa ...? Ja genau. Da führte ein Weg
im 180 Grad-Winkel, also genau parallel zu dem Weg, den wir gekommen waren,
zurück. Im Wanderführer hieß das Ganze „Abzweigung“. Fast schon so präzise
bezeichnet wie „Schon bald zweigt ein Waldweg ab.“ (Ihr erinnert euch.) Nachdem
wir also auch diese hundertste? zweihundertste? Wanderführer-Verwirrung
überwunden hatten, lag bald auch der letzte große Anstieg hinter uns und uns
trennte nur noch ein Grashang vom Tagesziel, dem Rifugio Pian de Fontana. Ein
Schild, dass die Strecke nur für „Escursionisti Esperti“ geeignet sei und die
(uns täglich auf die Nase gebundene) Legende, dass es in dem Hang vor Vipern
wimmele? Ach, macht uns nichts aus! (Tatsächlich war es ein ganz normaler
Grashang mit null Vipern.) Und auf der allerletzten Etappe, am fast letzten
Tag, auf der letzten Hütte war es dann doch so weit: Kein warmes Wasser! Wäre
ja sonst auch keine richtige Alpenüberquerung gewesen, oder? Das machte aber
nichts, denn wir wurden blitzschnell wieder aufgewärmt von dem fantastischen
italienischen Essen (und hier ist die Halbpension wirklich wirklich
empfehlenswert) und bekamen am nächsten Morgen Kakao zum Frühstück, der
schmeckte wie flüssiger Schokopudding. Herz, was willst du mehr?
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"Nur für Geübte." Ja ja. |
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Das Rifugio Pian de Fontana. |
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Noch ein letzter traumhafter Sonnenuntergang in den Dolomiten. |
Nachdem wir uns kaum vom Frühstückstisch losreißen konnten
mussten wir uns dann doch ein bisschen beeilen, um den Dolomitenbus an einer
entlegenen Landstraße unten im Tal zu erreichen. Und an dieser unscheinbaren
Straße, wo ganz plötzlich und unerwartet der Wanderweg endete und die außer dem
„Straßengraben“ auch nicht wirklich viele Rastmöglichkeiten bot, hatten wir es
dann geschafft. Wir waren da. Im Tal. Am Ende unserer Alpenüberquerung.
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Angekommen. |
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Welcome to Belluno. |
Da wir uns ja entschieden hatten, bei unserer ALPEN-Überquerung
die Flachlandetappen entlang italienischer Landstraßen auszulassen, legten wir
die letzte Strecke bis Belluno mit dem Bus zurück und stiegen dort in den Zug.
Und dann war sie da: Die Meeresbrise, die Lagune, VENEZIA!
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Ist man eigentlich trotzdem Tourist, wenn man zu Fuß aus Lenggries kommt? |
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